Liebe wie in der Mythologie

Ich bin mit Merlin liiert und unser Beziehungsstil gleicht dem von Shiva und Shakti. Glaubst du nicht? Du würdest dich wundern, welche Mythen womöglich in deiner Beziehung versteckt sind. Noch nach tausenden von Jahren beeinflussen uns Geschichten der Göttern, schaffen Orientierung und tragen zu einem besseren Verständnis unserer Persönlichkeit bei. 

 

 

 

 

 

 

 

Der großartige Zauberer  

In unseren Beziehungen verbergen sich von Beginn an Elemente der Mystik und der Märchen. Kurz zusammengefasst lauten diese, ganz nach Verena Kast:

 

·      Shiva und Shakti

·      Ishtar und Tammuz  (Mutter-Sohn –Verhältnis)

·      Hera und Zeus

·      Merlin und Viviane (Vater-Tochter-Beziehung)

·      Pygmalion bzw. My Fair Lady

 

Meine ganz persönliche Fantasie gilt Merlin. Ein weiser, doch schon in die Jahre gekommener Zauberer, der mit seiner Intelligenz, seinem Wissen, seiner belesen Art mich mit Schutz und Führung  durch mein Leben geleitet. Ich hänge förmlich an seinen Lippen, gespannt auf jede seiner Erzählung.

Amüsanter Weise unterstützte mein Partner unwissentlich diese Imagination, in dem er immer wieder von seiner „alten Seele“ sprach.

Ich hingegen gleiche in dieser Geschichte mehr der Nymphe Viviane, kindlich, eine gewisse Naivität versprühend, aber trotzdem nie eine Gelegenheit auslassend, sich neues Wissen anzureichern; Weisheiten über das Leben, die mir mein Merlin mit erhobenem Zeigefinger sowie gütiger Strenge mitteilt.

 

Liest man die letzten Zeilen, denkt man unweigerlich auch an die Beziehung zwischen Vater und Tochter. Der Mann, der sein kleines Mädchen schützt, Verantwortung übernimmt und aus jeder noch so unglücklich erscheinenden Situation das Vermögen besitzt, sie zu retten. Den Papa kann man dann aber auch richtig verfluchen, sollte es nicht funktionieren J.  Die Sehnsucht nach dem Vater innerhalb einer Partnerschaft ist für viele Frauen in jedem Alter von Bedeutung.

 

Pro und Contra in der Mystik

So weit so gut, solche Fantasien können sehr bereichernd sein, wenn sie sich nicht gegenseitig in die Quere kämen.  Viviane, die Nymphe ist eine Begleiterin von Diana, untersteht den Gesetzen der Natur, nicht fähig ernsthafte, zwischenmenschliche Beziehungen einzugehen, kokettiert mit Eros, der sexuellen Leidenschaft, bis sie Merlin trifft und deren beider Wunsch nach Nähe und Liebe in Erfüllung zu gehen scheint. Transferieren wir diese Situation in das Alltagsleben eines Paares.

Es ist sehr schwierig, der Rolle des Merlins gerecht zu werden. Mein Partner müsste 24/7 philosophieren, Gestalten aus Wasser erschaffen, heldenhaft als Medium und Zauberer sein, Ritter und auch eigentlich mir dienen und würde, täte er als dies, seine Jugendlichkeit, seinen Charme zu Gunsten der Weisheit verlieren. Seine „alte Seele“ die er zweifelsohne besitzt, nähme vollends Besitz über ihn. Als sein Gegenstück wäre es mir nur mehr erlaubt, lachend und tänzelnd durch das Leben zu schreiten, aber immer in gewisser Weise distanziert ihm gegenüber, damit er wiederum mich nicht vollends einnimmt. Das klingt dann wohl nicht besonders alltagstauglich. Hinzu kommt noch ein weiteres Problem: Nymphen sind kluge Wesen, sie sind ehrgeizig und wollen ihr Wissen selbst unter Beweis stellen. Rutscht man hier zu sehr in das Vater-Tochter Muster ab, kommt unweigerlich der Punkt, an dem mich das Wissen meines Mannes und die strenge Güte nerven würden. Wo wären dann seine reizende Leichtigkeit, seine kindliche Seite, die ich sehr schätze und als Ausdruck seiner Leidenschaft verstehe?

Hier schrie eine ganz andere Gestalt in mir aus der Mythologie um Hilfe, nämlich die alte Weise, die nur kopfschüttelnd dem Szenario „älterer Mann-junge Frau“ gegenüberstünde und mich fragen würde: „Ernsthaft?! Und wozu hast du dann so viel gelesen und gelernt? Dafür um nur an den Worten Merlins zu hängen...?! Ach, ich bitte dich.“ Dieser innere Dialog soll kein Aufruf nach mehr Emanzipation sein, aber Vater-Tochter- Verhältnisse untergraben, werden sie zu streng ausgelebt, die Autorität der Frau, so dass im schlimmsten Fall eine neue Konstellation entstünde, die des ewigen Streitpaares, Hera und Zeus.

Beziehungsfantasien haben auch ihre Grenzen und sind keine homogene Gruppe. Bei vielen Paaren überwiegen mehrere Elemente aus Märchen, Religionen und Geschichten. Oftmals beeinflussen und bedingen sie sich, so dass sie genauso wie eine Partnerschaft dem Wandel unterliegen.

 

Shiva und Shakti

Die nächste und vielleicht auch bedeutendste Fantasie meines Partners und mir, entspringt der indischen Mythologie. Die beiden Gottheiten sind unzertrennlich. Es bedarf keiner Außenwelt, sie bilden eine Einheit,  sind „Eins“, nicht willens sich auch nur für kurze Zeit zu trennen. In der Geschichte, erzwingt Shiva die Trennung von Shakti, um neugeboren zu werden und dem Wunsch nach einer Beziehung auch auf Distanz nachzukommen. Shiva und Shakti Paare finden sich gerade in der anfänglichen Beziehungsphase zahlreich. Erst mit kommenden Monaten, wenn Unterschiede zwischen Menschen bemerkbar werden, verwandelt sie sich in eine der anderen Imaginationen, die aber wiederum zwischen den Partnern verschieden sein können. Hier lauert Konfliktpotenzial, denn fühlt sich einer der beiden noch wohl in dem gemeinsam Schauspiel, aber der andere ist mittlerweile von Fluchtgedanken ergriffen, erscheinen Misstrauen und Verletzungen auf der imaginären Bühne.

 

Bei mir und meinem Mann ist das nicht so. Es scheint, dass wir beide (zum Glück) diese Fantasien auch noch nach Jahren ausleben und teilen ohne allzu große Schwankungen oder einseitigem Wechsel unserer gemeinsamen Vorstellungen. Denn gemeinsames imaginieren - wenn auch nur unbewusst-  Vertrauen und Liebe gehen Hand in Hand, bereichert und fördert beide als auch jeden einzelnen für sich.

 

Für mich, die momentan sehr viel über Partnerschaften aus tiefenpsychologischer Sicht lernt, hat sich diese Shiva und Shakti Geschichte noch verstärkt. Seit Tagen träume ich davon, gerade in Situationen in denen ich mich nicht wohlfühle, nach Irland auszuwandern, eine Schafzucht zu gründen und in einem süßen kleinen Cottage mitten im satten Grün Irlands der Mystik zu verfallen.

 

Bin ich „My fair Lady“?

Wie bereits herauszulesen war, strahlt meine bessere Hälfte ein gewisses Maß an gütiger Strenge aus und gibt unverhohlenes zu: „Ja, ich bin streng zu dir und zu mir. Aus einem wichtigen Grund, ich möchte dich pushen und Verhaltensweisen aufzeigen, die für dein Leben besser geeignet wären.“  Ja – warum denn auch nicht? Ich lasse mir als Viviane diesbezüglich gerne helfen und es bricht mir auch kein Zacken aus meiner Krone, seine und die für mich passenden Handlungsweisen, anzunehmen. Denn du musst wissen, der Partner liebt Teile deines Charakters aus dir heraus, macht sie oft erst sichtbar, fördert diese und unterstützt auch die persönliche Weiterentwicklung. Ähnlich der „My fair Lady“ oder des Pygmalion. Gut, du solltest auch deine eigenen Wesenszüge behalten und dich nicht komplett Winden und Drehen lassen, bis nichts mehr von dir übrig bliebe, aber achte doch mal darauf, welche positiven Eigenschaften, von denen du vorher nichts wussten, nun in dir aktiv sind?

Und vergiss nicht, auch dein eigener Pygmalion zu sein. Denn du selbst kannst dich zu wahren Leistungen motivieren und durch Selbstanalyse Charakterzüge verändern, fördern oder auch, falls du sie als negativ erachtest, sprichwörtlich vergraben.

 

 

 Quelle: Verena Kast - Paare