Ich will nicht was du willst....oder doch? Wünsche in Beziehungen

Bedürfnisse in der Partnerschaft drücken sich ganz unterschiedlich aus. Nur weil einer etwas haben möchte, muss der andere keinesfalls damit einverstanden sein. Manchmal kommt es einem selbst so vor, als würde man eine andere Sprache sprechen, die der Herzbube oder die Herzdame partout nicht verstehen möchte. Ist das denn wirklich so?

 

 

 

 

 

Sehen wir uns die Situation mal anhand ein paar einfacher Beispiele an:

 

Deine Ordnung muss sein...

Mein Mann mag Toast. Auch wenn er sich sonst nicht unbedingt als fünf Sternekoch bezeichnet, sein schmackhaft zubereitetes Weißbrot mit Gemüse, Käse, Schinken, Champignon ist großartig und ich kann mich momentan gar nicht davon satt essen. Wobei wir hier schon bei einem wichtigen Punkt sind: Die Toasts, die er zubereitet, müssen die korrekte Anzahl an Champignonhälften aufweisen. Bei vier Toasts macht das 16 Hälften, vier für jeden. Als ich mal gemütlich an unserer Küche vorbeischlenderte und diese leckeren Pilze vor meiner Nase sah, überkam es ich mich und ich musste einen naschen. Wirklich nur einen kleinen Pilz. Während ich genüsslich an diesem Stück herumkaute, bestrafte mich ein Blick von rechts. Ich konnte es spüren. „Schatz, jetzt stimmt die Anzahl der Stücke nicht wegen deiner Naschsucht...“

 

Ein anderer Zwischenfall: Ich wünsche bummeln zu gehen, ziellos in der Stadt umherstiefeln, Schaufenster begutachten und die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Nase zu genießen. Mein Liebster ist entrüstet: „Aber was machen wir denn da?“ „Wir gehen bummeln.“ Er entgegnet:“ Aber wohin und wozu? Wir wandern ziellos umher, da steckt kein Plan dahinter. Die Dinge brauchen Struktur – umherirren hat keine Struktur.“ Ich: „Okay Schatz. Wir setzen uns in ein Café, direkt am Hauptplatz (er hat recht, die Stadt ist groß...) und beobachten die anderen Passanten.“

 

Und zuletzt: Der Kühlschrank. Ein heikles Thema. Während ich alles wahllos hineinwerfe und mich jedes Mal wundere, dass beim Öffnen der Tür nichts herauspurzelt um sich dann über den Küchenboden zu ergießen oder zu zerbröseln, hat mein Mann die Perfektion und Ordnung des Kühlschranks für sich entdeckt. Alles, aber auch wirklich alles hat seinen Platz. Es ist nicht zulässig, einen Karton mit Eiern einfach hineinzustellen, sondern jedes einzelne Ei wird in die dafür geplante Ausbuchtung hineingelegt. Flaschen können nur in die für sie vorgesehene Ablage hineingelegt werden und Gemüse und Obst gehören ausschließlich in die passende Lade. (Eigentlich ist das wirklich korrekt, Obst hält dort länger.)

 

Alle genannten Dinge sind für meine Persönlichkeit nicht von Belang, aber sie werden es, da ich meinen Partner liebe.  Ich brauche eigentlich keine vier Stück Champignons, bin auch mit drei Stücken zufrieden.

Der Kühlschrank ist beherrscht vom Chaos und bummeln gehe ich jederzeit und überall - ganz ohne Plan. Ich lande dann dort, wohin mich meine Füße getragen haben.

 

....Meine Struktur aber auch

ABER – ich kann auch anders. Hunde- und Menschenhaare, die (und jetzt ist die Wortkombination ziellos umherwandern tatsächlich angebracht), bringen mich an den Rand des Wahnsinns. Es stellt für mich kein Problem dar, drei Mal am Tag zu saugen, und zwischenzeitlich mit dem neuesten Swiffer abzustauben. Oder....Geschirr in der Abspüle...Igitt. Wenn das nicht augenblicklich im Geschirrspüler (bitte auch bei mir in den dafür vorgesehen Einbuchtungen, Ablagen etc.) verschwindet, löst das innerliche Depressionsschübe aus. Da beginne ich wirklich zu schluchzen oder zu toben, innerlich, aber trotzdem...

 

Und zuletzt Wasserflecken im Badezimmer. Ich halte es nicht aus, wenn Zahnpastaspuren sich ihren Weg im Becken bahnen. Nein, das muss prompt gesäubert werden.

 

Vermutlich treibe ich meinen Mann auch in den Wahnsinn. Ganz zu schweigen von der schon erwähnten Unpünktlichkeit (siehe „Schatz, hast du...?! Schon wieder?!).

 

Du siehst, selbst bei solchen Kleinigkeiten, gibt es Differenzen. Aufmerksame Leser mögen mich und meinen Partner für pedantisch und verrückt halten, dem Reinlichkeitswahn verfallen (muss mit Hund auch sein), aber nicht auf dieselbe Art und Weise. Unsere Bedürfnisse nach Ordnung und Struktur sind in vielen Belangen nicht kompatibel.

Psychologisch betrachtet unterliegen wir anderen Erziehungsmustern, Komplexen, unterschiedlichen Denkweisen bezüglich Chaos und Ordnung, natürlich nicht nur während des Aufräumens sondern auch innerhalb der Kommunikation. Nach C. G. Jung unterliegen wir auch anderen Individuationsprozessen, Schattenseiten, ganz zu schweigen von verschiedenen Ausprägungen von Animus und Anima und Archetypen im Allgemeinen.

Es ist wichtig die Sprache des anderen verstehen, zu lernen und vor allem auch seine Bedürfnisse ernst zunehmen. Die Wertigkeit von Dingen des anderen müssen in einer Partnerschaft toleriert, am besten auch geschätzt werden. Seien die Bedürfnisse des anderen für einen selbst noch so verrückt.  Wir haben alle eine gewisse Psychopathologie, womöglich neurotische Tendenzen und tiefliegende Gründe, warum die eigene Handlungsweise von Bedeutung ist. Sollten wir diese Eigenarten nicht genauso lieben? Sie gehören doch zu dem Menschen, mit dem wir unser Leben teilen. Seine Eigenarten sind genauso ein Teil seiner selbst, wie Charakterzüge, die wir positiv bewerten.

 

Ich wünsche mir...von dir

Wenden wir uns noch kurz den Wünschen einer Partnerschaft zu.

Ein Paar im Kino, frischverliebt wie zu Beginn, händchenhaltend bis zum Abspann. Als er sich noch mit seinen Freunden gemütlich über den Film unterhalten will und gleichzeitig, der während des Films entstandenen Romantik noch nachfühlt, möchte seine Frau, die bereits das Weite sucht und klammheimlich die Stufen hinuntereilt, endlich den Saal verlassen. Die Gründe für ihre Flucht können vielfältig sein und spielen auch keine weitere Rolle, aber das Fazit bleibt dasselbe: Ein trauriger, verblüffter Mann als auch eine aus dem Kino stürmende Frau, gefolgt von betretenem Schweigen. Auch daran sieht man wieder die Verschiedenartigkeit der Wünsche. Während sich der Mann nach Gemütlichkeit sehnt, möchte sie den Ort schnellstmöglich wechseln.

 

Auch bei der Aussage „ich liebe dich“, ja selbst bei dieser zärtlichen Bekundung kann es zu Schwierigkeiten kommen, ganz ähnlich wie während des Kinobesuches. Gehörst du zu den Menschen, die diese berühmten drei Worte gerne hören oder fühlst du diese viel lieber, durch Berührungen, Massagen und Küssen?

 

Das gute an solchen Situation ist, dass Reflexion hilft, sich selbst und den anderen besser zu verstehen. Frage deinen Partner ruhig nach seinen Verhaltensweisen, nach dem warum und wieso. Lernt voneinander. Das schafft Vertrauen und mit letzterem ist unsere Gesellschaft nicht unbedingt gesegnet. Nur weil wir als einzelne Person von etwas ausgehen, heißt das nicht, dass unser Gegenüber – und ja, selbst wenn es sich um den Partner, einer der vertrautesten Personen unseres Lebens handelt – die Angelegenheiten genauso betrachtet. Übertrage nicht deine Vorstellungen, Wünsche und Bedürfnisse auf den anderen. Paarkommunikation und Beziehungsfantasien, die gerade in der ersten Zeit sehr übereinstimmen (man fühlt sich als Ganzes, als Eins), unterliegen, wie die Partnerschaft an sich einem Wandeln. Beantworte auch Fragen deiner Persönlichkeit betreffend:  Sprecht gemeinsam darüber, zeigt Verständnis und Achtsamkeit. So gelingt es euch eine eigene Sprache, die Ihrer Partnerschaft Ausdruck verleiht, zu kreieren.  

 

Fragen können wie Küsse schmecken

Ganz wichtig ist es, sich Fragen vorab zu überlegen und nicht mit abgedroschenen Phrasen um sich zuwerfen: Was habe ich davon, wenn wir weiterhin streiten und uns gegenseitig Handlungen und Verhaltensweisen vorwerfen? Was spricht dafür, das eigene Verhalten zu überdenken bzw. das des anderen zu tolerieren, zu akzeptieren, wenn möglich sogar zu lieben? Was sind die Vorteile des Verhaltens meines Partners und was will er/ sie  mir damit zeigen, worauf möchte er mich aufmerksam machen? Auch Kritik und Vorwürfe sind ein Mittel um eine Beziehung lebendig zu halten und die Aufmerksamkeit auf Probleme zu lenken (wenn auch vielleicht nicht die, die es im Inneren sind). Was kann ich noch davon lernen? Was kann ich aus der Spiegelung lernen? Wo sind Verhaltensweisen offensichtlich von Familien übernommen? Diese sind gut während eines Familienessens zu beobachten.

 

Wo fehlt dem Partner Sicherheit, gewisse Handlungen, wie Strenge sich selbst und dem anderen gegenüber nicht mehr ausüben zu müssen? Anfängliche Versuche sich selbst und den anderen auch in konfliktreichen Situationen besser zu verstehen, können mit dem hawaiianischen Heilungsritual Ho`oponopono unterstützt werden. Vier wundervolle Aussagen, die das eigene Gemüt wieder besänftigen: Es tut mir leid. Bitte verzeih mir. Ich liebe dich. Danke.