Klimts märchenhaftes Gemälde

Bild: Tilman Moser - Kunst & Psyche
Bild: Tilman Moser - Kunst & Psyche

Gustav Klimt war ein Maler, dem während des Zeitalters der Erkenntnis eine bedeutende Rolle zukam. Ein herausragender Künstler, der sich viel mit tiefenpsychologischen und medizinischen Themengebieten auseinandersetzte, sie förmlich in sich aufsog und letztendlich in seinen Gemälden zum Ausdruck brachte.

 

 

Klimt verwies in seinen Gemälden auch eine rationalistische, andersdenkende Evolutionstheorie, nicht mehr der alten „Embryonen glichen Fischen“ in seinen Gemälden in.  Nicht nur progressive medizinische Theorien sind in seinen Werken enthalten, sondern auch sehr viele psychoanalytische Elemente, wie in  dem Bild „Liebe“.

 

Ähnlich wie in meinen letzten Blogartikeln „Liebe wie in der Mythologie“, „Ma Folie“ und in zukünftig erscheinendem „Vertrauen in Partnerschaften“, begibt sich auch Klimt auf ähnliches Terrain wie die Brüder Grimm. Er verstand sich sehr gut auf Mystik, deutlich erkennbar in seinem Porträt Judith II, in dem eine Anlehnung an eine der mythologisch bedeutendsten Figuren „Salome“, zu tragen kam.

 

In  „Liebe“ malte er ein Pärchen, die ein baldiger Kuss eint und trotz allem in ihrer Beziehungsdynamik frappante Unterschiedlichkeiten und Diskrepanzen aufweisen:

Er im dunklen Grün der Blätter verborgen, sie fast grob umklammernd und  ambivalente mimische Züge ausstrahlend, um Antworten nach den Fragen ringend, ob seine Angebetet tatsächlich diese intensive und stürmische Liebe empfände oder sie sein Vertrauen verdiente und er den Mut aufbrächte sich in ihr zu verlieren? Sie hingegen löst sich hingebungsvoll in seiner Person, in seinen Augen, vermutlich auch in seiner sehr männlichen, kraftstrotzenden Umarmung förmlich auf. Mit geschlossenen Augen gibt sie sich  seinen widersprechenden Gefühlen hin, sucht wie in Grimms Märchen in seiner strengen Zärtlichkeit, vielleicht auch in seiner doch eher kühlen Ausstrahlung, die Liebe nach der sie sich aus Kindheitstagen verzehrt, die ihr verborgen blieb oder der sie als erwachsene Frau nicht mehr durch infantile Wesenszüge nachkommen kann.

 

Das Gemälde hat etwas märchenhaftes, zumal die weilbliche Gestalt ganz in weiß gekleidet, einer Prinzessin gleicht. Man spürt ihre Suche nach der erlösenden Liebe, ähnlich der Beziehungsfantasie, die dem Aschenputtel entspricht.

 

 

Quelle: Tilman Moser - Kunst & Psyche S.192