(No) More Drama (Baby)....Oder wie Methoden des Theaters uns den Weg als Paar weisen

Folgende Alltagsszene - mitten in Europa, aufgeführt von einem Pärchen, das sich ganz alleine in ihrer Wohnung befindet. Schreie, gefolgt von Seufzen und der laute Knall einer zugeworfenen Türe....

Sie: "Du machst auch wirklich nie das, was ich von dir erwarte! Wieso eigentlich???"

Er - gedanklich: "Nicht schon wieder....Wegen dieser Kleinigkeit kann man unmöglich ausrasten"...*Seufzt*.

Sie: "Ja sag mal, hörst du mich gar nicht? Wie laut muss ich noch werden? Bekomme ich heute noch eine Antwort von dir? Eine sinnvolle - wenn möglich - und dein Seufzen macht es nur noch schlimmer....

Die Tür wird ins Schloss geworfen. Er geht, möchte nichts mehr hören.... 

Eine schachmatt Situation, (durch nicht gespültes Geschirr ausgelöst?) in der sich beide nicht mehr gehört und übergangen fühlen. 

Zu allererst möchte ich kurz die Kommunikation des Paares analysieren. Es ist ganz klar, dass niemand gerne angebrüllt wird. Die meisten Menschen reagieren defensiv und ihr subtiles Gefühl, der andere mache nur mehr Vorwürfe wird aktiviert. "Du machst auch wirklich nie das...." - Danke, das war die todbringende Einleitung für eine wertschätzende und liebevolle Unterhaltung. Das Wort "nie" impliziert vorwurfsvoll, der andere wäre in der gesamten Beziehung nicht fähig, seinen Partner glücklich und zufrieden zu stellen. Ob das wirklich der Fall ist, wage ich zu bezweifeln - hat man sich doch für eine gemeinsame Partnerschaft entschieden. 

Betrachten wir das ganze nun aus der Sicht eines Schauspielers, direkt auf der Bühne, umringt von seinem Publikum. Die Zuseher wünschen sich nichts mehr als, dass die beiden wieder zu einander finden mögen. Was müsste hierfür geschehen? Hier einige Tricks, um die Situation zu wandeln. 

  • Tief durchatmen 
  • Spüre den Boden unter deinen Füßen. Manchmal ist es wirklich sinnvoll, die Umgebung zu verlassen und während eines Spaziergangs, die eigene Ruhe wiederzufinden. Allerdings und das ist besonders wichtig: Setze deinen Partner liebevoll darüber in Kenntnis. 
  • Achte auf deine "Vorwurfs- Wortwahl". Beschreibe deine Gefühle mit "ich fühle mich und ich möchte". Nutze konkrete Adjektive, wie ungeduldig, traurig, ängstlich, verwirrt....Kläre dein Gegenüber auf, warum dir der Konflikt zu schaffen macht. Nutze dafür Metaphern oder aber auch Situationen, die ihr gemeinsam erlebt habt (denn dein Partner war direkt eingebunden), in denen du besonders traurig, ängstlich oder unglücklich warst. Solche Details fördern die Empathie und geben Aufschluss darüber, wie es dir in einem Streit ergeht. 
  • Beobachte deinen Partner, respektiere seine Bedürfnisse und Emotionen. 
  • Wenn ihr streitet, stoppt das Gespräch für einen Augenblick und werdet euch bewusst, wie sehr ihr euch voneinander bzw. von einer Lösungsidee entfernen. Stellt euch dementsprechend in den Räumlichkeiten auf: Wenn der Abstand zu groß ist und ihr euch aktiv bewusst werdet, dass jeder von euch sich am anderen Ende der Wohnung befindet, schmerzt das ungemein. 
  • Versucht nun, wenn die Situation sich entspannt hat, eurem Partner wortlos Wut, Traurigkeit oder Ungeduld zu beschreiben. Wenn Menschen von Traurigkeit und Verzweiflung ergriffen sind, verlangsamen sich oft die Bewegungen, die Körperhaltung wirkt gekrümmter und der Kopf richtet sich zu Boden. Vielleicht verbergt ihr das Gesicht in den Händen. Ganz anders verhält es sich mit der Mimik und Körperhaltung bei Ungeduld: Schnelle Bewegungen, aufrechte Haltung, gerunzelte Stirn und Augenbrauen, kleinere Augen und zusammengekniffene Lippen. Vergiss nicht, diese Dinge pantomimisch darzustellen. Zeigt dem Gegenüber aber auch, dass ihr womöglich nicht mehr ungeduldig sein wollt, sondern Ruhe bräuchtet. Es genügt, eine "Yogi - Position" einzunehmen, der andere versteht dies bestimmt. 
  • Analysiert das Gespräch, nachdem der Streit aktiv beendet ist und sich alle Beteiligten beruhigt haben. Dramatisiert ihn, taucht richtiggehend in das Kommunikationsverhalten ein. Spürt, wie ihr auf der Theaterbühne steht und das Publikum förmlich unterhaltet. Lacht gemeinsam darüber, wenn ihr richtiggehend theatralisch werdet. Als Beispiel: "Ich kann mit schmutzigem Geschirr nicht leben." Fügt diesem Satz noch eine melodramatische Geste hinzu. Bedenket aber bitte, diese Übung in Ruhe durchzuführen. Beide Personen sollten lernen ihr Ego nicht in den Mittelpunkt zu rücken und bereit sein, herauszufinden, welche Thematiken sich hinter Kleinigkeiten verbergen. Womöglich hast du dich in letzter Zeit einsam gefühlt? Hattest du kaum Zeit für liebevolle Paarrituale? Diese Übung ist nicht dazu gedacht, den Selbstwert einer Person anzugreifen! Dramatisiert bitte nur euren Part humorvoll. 
  • Notiert euch, wenn möglich, einzelne Sequenzen, die einen Dialog während des Konflikts unmöglich machten. Nehmt Zorn und Wut bewusst wahr, stoppt das "Schauspiel" falls ihr erneut von negativen Emotionen überrumpelt werdet. 
  • Achtet auf eure Sprechtechnik. Wie verändert sich die Stimme, das Tempo und die Lautstärke? Beginnst du Worte sehr korrekt auszusprechen oder "nuschelst" du? Das ist für das eigene Kommunikationsverhalten von Bedeutung, da es einem selbst möglich wird, darauf zu achten, welche Aussagen des Partners dich ungeduldig werden lassen. Und natürlich auch umgekehrt. 
  • Wie müsste es stattdessen sein? Spielt eure Vorstellung eines gelungen Paardialogs. Wie wäre die Anfangssituation? Was müsste dein Partner sagen und was müsstest du sagen, sodass niemand auf taube Ohren stößt? Welche positiven Gefühle würden sich in dir entfalten? Was bedeutet diese Änderung der Situation? Wiederhole inhaltlich die Aussagen, die dein Partner tätigt. Verstehst du seine Anliegen? Es lohnt sich ein Gespräch mit dem Partner wohlwollend und mit einem Kompliment zu beginnen. Leider versinken Komplimente im stressigen Alltag. 
  • Und als letzte Übung: Nachdem ihr euch der  Konfliktsituation bewusst wurdet, wiederholt die Nähe-Distanz-Übung. Inwieweit steht ihr euch jetzt wieder näher gegenüber? Wie fühlt sich das an? Steht ihr so nahe, dass ihr einander berühren könnt? Wenn ja, tut das. Umarmt euch. Atmet einige Minuten im selben Rhythmus. Seht euch in die Augen und nutzt die Chance, euch wieder bewusst zu werden, welche Dinge an eurem Partner liebenswert sind. Dieser Vorgang des "sich in die Augen sehen" kann auch einige Minuten dauern. Bitte vermeidet es zu starren, sondern geht in eine aktive Verbindung mit eurem Gegenüber. Ein starrer Blick ist glanzlos, ohne jegliche Zeichen der Interaktion mit der Umgebung und verbissen.  
  • Falls ihr doch noch einige Entfernung zu einander einnehmt, überprüft ob der Konflikt tatsächlich gelöst wurde oder ob es noch etwas zu sagen gibt? Achte dabei aber erneut auf die Wortwahl. Nehmt die Emotionen ruhig wahr und offenbart diese auch. Lernt aus der überzeichneten Theaterübung.