Der Beziehungskampf mit einem Narzissten

Wer sich in einer Beziehung mit einem Narzissten befindet, kann es zu Anfang kaum glauben, denn es dauert einige Zeit bis sich alle Einzelteile zusammenfügen und man zu verstehen beginnt. 

Doch von Beginn an: Toxische Beziehungen, die nicht ausschließlich mit einem Narzissten geführt werden, sondern ebenso mit Partnern, die an anderen Cluster B Störungen leiden, beginnen mit Idealisierung und Love Bombing, gefolgt von Abwertung und zuletzt Trennung, bzw. on/ off Spielchen. 

Destruktive Partnerschaften beginnen nicht mit Gewalt, sondern mit einem wundervollen Honeymoon. 

Honeymoon & Love Bombing

Selbst wenn das eigene Bauchgefühl warnend reagiert, dass hier etwas nicht stimmen kann, dass die Dinge ihren Lauf viel zu schnell nehmen, werden die üblen Gedanken schlichtweg ignoriert. Viel zu froh scheinen die "Auserwählten" zu sein, dass endlich jemand ihr Potenzial erkennt, sie so annimmt, wie sie sind mit allen Fehlern und trotzdem mit strahlenden Augen vor ihnen steht.

"Du bist die großartigste Person, die ich je getroffen habe." 

"Ohne dich will ich nie mehr sein."

"Hätte ich dich nur schon früher getroffen, dann...."

"Du bist die schönste Frau der Welt/ der schönste Mann...."

"Du bist alles was ich habe."

"Ohne dich ist mein Leben nicht lebenswert."

"Du gehörst ganz alleine mir." (Besitzdenken!)

 

Personen, die eine innere Leere fühlen, die noch alten Mustern aus der Kindheit folgen, Nähe, Schutz und bedingungslose Liebe suchen, sind für Love Bombing prädestiniert. Menschen, die tolle Hobbys, Freunde, einen großartigen Beruf haben, verfallen schönen Worte bei weitem weniger. 

Fast Forwarding

Fast Forwarding wird in den meisten Fällen zeitgleich mit der Idealiserungsphase ausgeübt. Die Beziehung soll möglichst schnell vorangetrieben werden, ohne dem Gegenüber genügend Zeit für vernünftige Überlegungen zu lassen. 

"Wir verstehen uns so gut, lass uns schnell zusammenziehen."

"Lass alles zurück."

"Zieh zu mir. Auch wenn das eine weite Entfernung ist, wir beide schaffen das."

"Wir werden eine glückliche Familie..."

Future Faking

Narzissten spielen sehr gerne mit den Träumen ihrer Partner und nutzen diese Hoffnungen für eigene Ziele. So riskieren sie es auch nicht verlassen zu werden. 

"Wenn du ..., dann können wir endlich glücklich sein/ Kinder haben/ heiraten." 

"Aber in ein paar Monaten, dann, wenn das alles vorbei ist...kaufen wir...machen wir...reisen wir..."

 

Blöd, dass diese Versprechen nur selten eingehalten werden.

"Nein, du hast ja noch nicht..."

"Ändere doch nur mehr diese Kleinigkeit."

"Du bist mir noch zu stur, zu klug, zu dumm, zu...."

Kritk/ Abwertung/ Spannungsaufbau

Allen Warnungen zum Trotz verliebt man sich rasend schnell in sein Gegenüber, das so wundervoll alle seelischen Verletzungen, wie von Geisterhand zu heilen scheint. Doch nach kurzer Zeit, beginnen die sch(m)erzhaften Bemerkungen: Wie chaotisch, unordentlich, pedantisch, kleinlich, zu reinlich Frau/ Mann nicht wären. So kann das auf keinen Fall weiter gehen, wenn die Beziehung bestehen bleiben sollte (!). Die Kritik und Abwertungen werden immer bösartiger, noch glaubt der Partner es handle sich um einen Irrtum, es läge ganz bestimmt an dem Stress, den der Job verursacht, die Kinder, die Nachbarn usw.. Er/ Sie wird sich noch viel mehr bemühen, dass der anfängliche Prinz/ die Prinzessin wieder in Erscheinung tritt  - so sehr kann man sich doch nicht geirrt haben...

 

Silent Treatment: Werden Verhaltensweisen, die den toxischen Partner stören, weiterhin gezeigt, muss eine neue Erziehungsmethode angewandt werden: Stillschweigen! Unabhängig davon, ob nicht doch der destruktive Part der Beziehung für vermeintliche Fehler verantwortlich war, sein/ ihr Gegenüber wird bestraft und die Schuld wird übertragen ("blame shifting"). Das Opfer versucht zu erklären, zu beschwichtigen, sucht den Kontakt und die Aussprache. Leider sind diese Bemühungen vollkommen sinnlos, denn es wird weiterhin ignoriert, wie Luft behandelt und damit zum Schweigen gebracht. In seiner Verzweiflung akzeptiert es diesen Umstand und hofft, dass der andere Einsicht und Mitgefühl zeigt und doch noch eine Lösung finden möchte. Falls das nicht passiert, gibt das Opfer nach kurzer Zeit auf und bittet um Verzeihung. Hauptsache, es spürt wieder die Nähe und Liebe in der Beziehung, egal zu welchem Preis. Der destruktive Partner erkennt, dass diese Strategie funktioniert und wird sie das nächste Mal bei anderen für ihn/ sie untragbaren Verhaltensweisen anwenden. Die Grenzen verschieben sich...

 

Push & Pull:  Komm her, geh weg! Ein ewiger Kreislauf zwischen Zuneigung und distanziertem Verhalten.

 

Am Ende des Spannungsaufbaus werden toxische Kommunikationsstrategien verstärkt angewandt, um eine Eskalation und Destabilisierung seitens des Opfers zu provozieren: Manipulationen, Verdrehung von Tatsachen, Triangulation (Eifersucht heraufbeschwören), Schuldzuweisungen, weitere Isolation.  Spätestens jetzt fühlt es sich hilflos, alleine und zweifelt schlussendlich an der eigenen Wahrnehmung. 

Trennung

Auch wenn der Partner des Narzissten stets geduldig war, irgendwann kommt das Unausweichliche, nämlich die Trennung. Diese ist in destruktiven Beziehungen von einem Part gewollt. Nach all den bösen Spielchen sind Betroffene fassungslos, voller Scham und Schuldgefühle. "Hätte ich doch..., dann wäre es noch schön geblieben...usw." 

Da ein Narzisst nicht verlassen wird, sondern ausschließlich verlässt, hat er entweder bereits ein neues Opfer, oder er versucht die Machtverhältnisse nochmals klar zu demonstrieren. 

Die meisten Betroffenen von Partnern mit einer Cluster B Störung sind zu diesem Zeitpunkt dermaßen verwirrt und vernebelt, dass sie diesen wahnsinnigen Kreislauf noch nicht verstehen. Die Zweifel an der eigenen Persönlichkeit sind zu groß. Meistens beginnt nach dem Off und dem reumütigen Zurückkriechen des Opfers - ("Alles ist meine Schuld. Du bist nicht verantwortlich. Ich bitte dich, lass es uns nochmals probieren.")  - ein neuer Zyklus: Honeymoon, der aber schon viel kürzer ausfällt, Spannungsaufbau, Trennung....

Bis man seine Würde wiederfindet, sich über die eigenen Beziehungswünsche klar wird, sein Selbstwertgefühl neu entdeckt und lernt Grenzen zu setzen! 

Wichtig: Push & Pull Strategien werden auch in Trennungsphasen eingesetzt, um Hoffnungen zu schüren!