Strategien in toxischen Beziehungen: Liebesentzug

Es ist eigentlich eine ganz einfache Taktik, die sich in wenigen Worten erklären lässt, aber deren Auswirkungen für das Opfer enorm schmerzhaft sind. Ich bin kein Freund von der Formulierung "Opfer" bzw. "Täter", da es Betroffene manchmal dazu verleitet in einer Art Schockstarre zu verharren oder in Traurigkeit versinken zu drohen und...Täter waren höchstwahrscheinlich auch einmal Opfer. Nicht immer, aber bei den meisten ist schon einiges in der Erziehung respektive Bindung zu früheren Bezugspersonen schief gelaufen. Trotzdem macht es manchmal Sinn, dieses Begriffspaar zu wählen.

Dieser Umstand, dass Täter (womöglich) auch seelisch verletzt wurden, sollte aber nicht zu folgendem Denken führen: "Dann kann ich ihn/ sie retten. Ich gehe gleich in die Bücherei und lese die gesamte Literatur über Narzissmus, Borderline & Co." Nein - bitte nicht. Bei vielen dieser Menschen gibt es nichts zu retten, oder doch, nämlich sich selbst.

Es ist wichtig sich zu fragen: "Warum lass ich das mit mir machen?".

 

Der Täter bemerkt, dass du irgendwie distanzierter bist, deine Grenzen - versuchst! - aufzuzeigen oder einzuhalten und es tatsächlich wagst, einen vernünftigen Kommunikationsweg in Erwägung zu ziehen. Sollte ihm das nicht passen und das wird in den meisten Fällen zutreffen, dann bestraft er dich für dein Verhalten.

In Beziehungen heißt das für dich nun, du musst dich dem Liebesentzug stellen. Dabei kann es sich um tagelanges Anschweigen (Silent Treatment), wüste Beschimpfungen, Wutanfälle, Verschwinden, physisches "Wegstoßen" sowie Verweigerung der verbalen Kommunikation handeln. Warum? Die meisten Menschen wünschen sich eine harmonische Beziehung. Wenn Täter und Opfer diesen Teufelstanz schon länger vollziehen, Betroffene schon von den Überzeugungen des Täters richtiggehend vernebelt und instrumentalisiert sind, von den täglichen Aufzählungen vermeintlicher Fehler, dann wird diese Strategie funktionieren. Das Spiel vollzieht sich in immer wiederkehrenden Abläufen: IDEALISIEREN - KRITISIEREN - VERLASSEN. Opfer werden erzogen, wagen es schon gar nicht mehr sich dagegen aufzulehnen, denn die versteckte Botschaft in der Kommunikationsverweigerung oder innerhalb des Liebesentzugs lautet: "So wie du bist, bist du nicht okay. Ändere das, sonst gehe ich/ verlasse ich dich...."

Hält das Opfer an dem Glauben fest, der Manipulator hätte nur im entferntesten Gutes im Sinne, wird es sich den eigenwilligen Erziehungsmethoden fügen. Leider zwecklos, denn die Anforderungen an Betroffene steigen mit jeder weiteren Grenzverschiebung. Da stellt sich erneut die Frage: "Warum lasse ich das mit mir machen?"

 

https://www.communication-of-arts.com/2017/10/17/märchenherz-gebrochen-teil-2/